Mitarbeiterführung: Wie Verantwortung Menschen wachsen lässt

15.12.2024

Teal Flower
Teal Flower

An einem Abend bestellte mein Freund Michael, ein überzeugter Vegetarier, eine Suppe. „Ist die Suppe auf Gemüse- oder Hühnerbasis?“, fragte er die Kellnerin. „Gemüse,“ antwortete sie. Michael hakte nach: „Sind Sie sicher? Ich kann sie nicht essen, wenn sie Hühnerbasis enthält.“ „Ganz sicher,“ bestätigte sie erneut mit Nachdruck.

Die Suppe wurde serviert. Sie roch köstlich, doch Michael fragte noch einmal: „Sie sind sicher, dass das Gemüsebrühe ist, richtig? Weil ich gegen Huhn allergisch bin. Wenn auch nur Spuren davon enthalten sind, bekomme ich einen Anfall.“ Die Augen der Kellnerin weiteten sich, und sie sagte: „Ich kläre das lieber ab,“ bevor sie die Suppe wegbrachte. Wenige Minuten später kehrte sie zurück und nahm die Suppe mit den Worten: „Es ist Hühnerbrühe,“ wieder mit.

Michael hatte eine simple, aber wirkungsvolle Methode angewandt: Indem er der Kellnerin die Verantwortung für die Konsequenzen übertrug, erhöhte er die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Situation ernst nahm. Plötzlich war sie nicht mehr nur für die Zufriedenheit eines Gastes verantwortlich, sondern für dessen Wohlbefinden.

Verantwortung schafft Wachstum

Diese Situation ist ein Lehrstück für die Mitarbeiterführung. Menschen reagieren stärker, wenn sie Verantwortung spüren – und sie wachsen an dieser Verantwortung.

Ein häufiger Fehler in der Führung ist, Verantwortung nur halbherzig zu übertragen. Wenn wir jemandem eine Aufgabe geben, sie aber ständig überprüfen und am Ende selbst übernehmen, dann ist die Verantwortung nicht wirklich abgegeben. Wenn wir Mitarbeitenden keine Autonomie lassen, sondern jedes Detail absegnen wollen, bleibt die Verantwortung immer bei uns – nicht bei ihnen.

Das Ergebnis? Mitarbeitende fühlen sich bevormundet, entwickeln wenig Eigeninitiative und greifen seltener auf die Unterstützung ihres Teams zurück. Das Potenzial, das in echter Verantwortungsübertragung steckt, bleibt ungenutzt.

Verantwortung fördert Zusammenarbeit

Wenn Führungskräfte echte Verantwortung übertragen, geschieht etwas Bemerkenswertes: Die Menschen nehmen ihre Aufgaben ernster und suchen häufiger Hilfe bei anderen, um sicherzustellen, dass sie alles richtig machen. Teams, die Verantwortung teilen, arbeiten effizienter und erreichen bessere Ergebnisse.

Das liegt daran, dass wir uns gegenseitig unterstützen, wenn der Erfolg eines Projekts von uns allen abhängt. Es entsteht ein natürlicher Teamgeist, der weit über das bloße Erfüllen von Aufgaben hinausgeht.

Der poetische Widerspruch der Verantwortung

Je mehr individuelle Verantwortung wir jemandem übertragen, desto stärker wird die Bereitschaft, Hilfe anzunehmen und als Team zu arbeiten. Verantwortung bringt nicht nur das Beste in Einzelnen hervor, sondern auch das Beste im Kollektiv.

Wie Michael mit seiner kleinen Lüge die Kellnerin dazu brachte, Verantwortung für die Situation zu übernehmen, zeigt uns, dass Menschen fast immer bereit sind, zu wachsen, wenn sie ernsthaft in die Pflicht genommen werden.

Gute Führungskräfte wissen: Es geht nicht darum, Aufgaben zu verteilen, sondern Verantwortung. Denn echte Verantwortung ist der Schlüssel zu Wachstum, Zusammenarbeit und nachhaltigem Erfolg – sowohl für den Einzelnen als auch für das gesamte Team.